Ich bin neulich über eine Galerie von Print-Werbesujets diverser Autohersteller aus den 80er Jahren gestolpert, u.a. mit einem Motiv der „Tollen Kiste“-Kampagne von FIAT. Heute ist diese Kampagne Werbehistorie, auch wenn die Anzeigenmotive aktuell fast schon wieder modern anmuten: Lange Copy, realistische Produktshots, gut getextete Headlines sowie inhaltlich stark nutzenorientierte Argumentation, overall also sehr „authentisch“. „Back in the days“ war die Kampagne bahnbrechend, gerade weil sie mit gängigen Autowerbeklischees brach.
Ein klein wenig erinnert die Werbeaktion inhaltlich an die aktuelle starke DACIA-Kampagne, die ja ebenfalls mit gängigen Vorurteilen und Statusmotivationen beim Autokauf spielt. Der vielleicht entscheidende Grund, warum diese Kampagne seinerzeit für ganz viel Gesprächsstoff in Fachkreisen sorgte ist aber ein anderer: Sie musste immer wieder herhalten für den Beleg, dass Marktforschungsergebnisse von Pretests mit viel Vorsicht zu genießen seien. Die (belegte) Mär sagt, dass die „Tolle Kiste“-Linie im Pretest nur schlappe 30% derm Probanden überzeugen konnte (und bei 70% auf Ablehnung stieß). Die 30% „Gutfinder“ waren aber besonders angetan von der Werbelinie. Mutige Entscheidung von Jochen Pläcking (damals Marketingleiter FIAT) und seiner Agentur MC&LB: Durchziehen & Umsetzen! Mit Erfolg: Die Kampagne lief über Jahre, über 120 Motive wurden erstellt (sehenswert und inspirirend: hier alle in der Übersicht), der Wagen eroberte rasch Marktanteile, der EFFIE ging nach Heilbronn ins damalige FIAT-D-HQ. Ein interessanter Absatz dazu dazu in einem Mafo-Buch.
Die Learnings: Pretests können „Cover your Ass“-Strategien unterstützen, aber auch bei genauer Betrachtung jenseits initialer Mehrheitsinterpretationen enorme Erfolgspotentiale aufzeigen. Also: „Think twice“ und prüfe doppelt, wenn sich in Ergebnisberichten von Studien und Mafos polarisierende Ergebnisse abzeichnen.
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